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Sommelier Spotlight: Christopher Sealy, Alo Food Group Toronto

Ich freue mich, unsere neue zweiwöchentliche Kolumne fortzusetzen. Wir sprechen mit Sommeliers aus der ganzen Welt, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wo sie in dieser pandemischen Welt stehen. Unser nächster Gast ist Christopher Sealy, Weindirektor bei der Alo Food Group in Toronto.


STEPHANIE ARTNER
Dezember 2021

Foto: Christopher Sealy / Credits: Nikki Leigh McKean

Im ersten Interview unserer neuen Sommelier Spotlight Serie hatte ich das Vergnügen, mit der Kanadiern Linda Milagros-Violago, der Weindirektorin vom Canlis Restaurant in Seattle, zu sprechen. Heute setzen wir die Reihe mit einem anderen kanadischen Sommelier fort: Christopher Sealy. Christopher ist der Weindirektor der Alo-Restaurantgruppe in Toronto. Das Flagship Restaurant Alo wurde seit seiner Eröffnung im Jahr 2015 von Canada's 100 Best Restaurants viermal zum besten Restaurant Kanadas gekürt. Christopher ist seit über 14 Jahren eine prominente Figur in der Toronto Sommelier-Community. Er ist CMS-zertifiziert (Court of Master Sommeliers) und ein Absolvent von CAPS-Ontario (Canadian Association of Professional Sommeliers) und dem WSET Level 3 Award. Kürzlich wurde Christopher zum Mentor für das Mentoren-Programm von Vinequity ernannt, einer Organisation, die sich der Ausbildung und Beratung von BIPOC-Personen in der kanadischen Weinindustrie widmet. Und nicht zuletzt wurde Christopher von Canada's 100 Best Restaurants zum #1-Sommelier in Kanada 2019 gewählt. Vielen Dank, Christopher, dass du dir heute Zeit für uns genommen hast. Also lass uns gleich loslegen:

Welche Auswirkungen hat/hatte Covid auf Alo's Weinprogramm?

Christopher: Da wir hauptsächlich ein Weinprogramm mit Weinbegleitung anbieten, finden wir noch immer keine ausreichende Vielfalt an qualitativen Weinen und Weinregionen, die zu unserem Programm passt. Und wenn wir einen Wein finden, dann mangelt es an Quantität. Seit der Wiedereröffnung von Alo ist die Nachfrage so groß, wie kurz vor der Schließung, obwohl wir nicht genügend Wein für unsere Weinbegleitungen finden.

Was sind deine größten Herausforderungen und wie können Winzer*innen/Importeure/Gäste dich besser unterstützen?

Christopher: Zum einen habe ich festgestellt, dass viele Gäste bereit sind, fast jeden Preis für eine gute Flasche zu bezahlen. Sie wollen sich gut amüsieren und die Wiederöffnung feiern. Zum anderen gibt es aber nach wie vor ein paar Gäste mit den gleichen „hohen“ Erwartungen und Einstellungen wie vor der Pandemie. Doch diese Klientel gehört (leider) einfach zur high-dining Gastronomie, auch wenn ich mir von diesen mehr Toleranz für die neuen Herausforderungen erwarten würde.

Wir haben mit den Importeuren (und damit auch mit den Winzern) darüber gesprochen, vielleicht größere Weinkontingente für unser(e)  Programm(e) zu organisieren. Am schlimmsten ist es, nicht genug passenden Wein zu haben. Der Händler befindet sich in der gleichen Zwickmühle.

Was interessiert dich an europäischen Cool-Climate-Weinen aus Südtirol, Österreich und Deutschland?

Christoph: Was mich interessiert, ist die Bandbreite der Weingartenbewirtschaftung in Bezug auf biodynamischen und biologischen Anbau im Vergleich zum konventionellen.
Insbesondere die Bewirtschaftung des Bodens und die Art und Weise, wie die Rebe reagiert und eine bestimmte Qualität von Trauben hervorbringt. Außerdem möchte ich ein besseres Verständnis für die autochthonen Rebsorten in ihrer Umgebung bekommen. Mit Blick auf die Erzeuger, die in Sachen Qualität wirklich an die Grenzen gehen. Ich möchte den Weinen sowie der Geschichte und der Zukunft einer Region auf den Grund gehen. Ich möchte viele Fragen stellen und Gespräche führen, die mich mit dem Wein zu einem dynamischen Dialog herausfordern.

Welche Vorteile siehst du für diese Cool-Climate-Weine in deinem Weinprogramm?

Christoph: Diese Weine lassen dem Gast viel Raum für Neuentdeckung, da nur sehr wenige Gäste mit diesen Regionen vertraut sind. Wir führen ständig österreichische Weine in allen Lokalen, und trotzdem sind sie den meisten Menschen noch unbekannt. Das Privileg, in dieser pandemischen Zeit zu speisen, das oft mit finanziellen und herkunftsbedingten Privilegien verbunden ist, die nur wenige haben, schafft diese Barriere. Sie beschränkt einen darauf, Burgunder, Bordeaux und Super Tuscan für die „besten Weine" der Welt zu halten. Dies gibt eine eingeschränkte „Perspektive", oft aus freien Stücken. Cool-Climate-Weine bieten nicht nur eine Reihe von Geschmacksrichtungen, sondern auch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und etwas Neues für uns Sommeliers und den Gast zum Entdecken. In vielen Fällen zahlt man für das, was man bekommt. Während man in anderen Regionen vielleicht nicht weiß, wofür man zahlt, außer für die Marke.

Wie möchtest du deine Gäste im nächsten Jahr bereichern?

Ich möchte Weine einschenken, die mit Vision, Integrität und Fokus auf die Umwelt (natürliche/biodynamische Praktiken) hergestellt werden, sowie Weine mit klarer Kommunikation seitens der Eigentümer, der Winzerinnen und Winzer und der Marktvertreter. Ich glaube, dass mehr Fragen gestellt werden müssen. Außerdem sollten wir alle eine größere Vielfalt von Erzeugern und Erzeugerinnen aus unterschiedlichen Regionen ausschenken.

Vielen Dank, Christopher, für dieses aufschlussreiche Interview. Als nächste im Sommelier Spotlight steht Andrea Morris, Beverage Director, Union Square Restaurant, New York City.