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Klassenbester: CO2-Rechner für die Landwirtschaft in UK


Die Unternehmen müssen bis 2030 40 % ihrer Treibhausgase reduzieren und bis 2040 CO2e-neutral oder noch besser CO2e-positiv werden. Dafür müssen sie erst einmal wissen, welche Mengen sie wo emittieren. Bislang gab es für Weingüter im deutschen Sprachraum kaum eine Möglichkeit dafür, wenn diese nicht Mitglied in einer entsprechenden Vereinigung wie etwa Fair'n Green sind. Die österreichische Zertifizierungsstelle Nachhaltig Austria hinkt mit diesem Service überhaupt noch hinterher. Jetzt kommen nach und nach unabhängige Kohlenstoff-Kalkulatoren auf den Markt. Hier sei ein britisches Modell vorgestellt.

Februar 2022
Farm Carbon Calculator, U.K.

Treibhausgase zu verorten und zu messen, ist ein außerordentlich komplexer Prozess mit unendlich vielen Parametern. Mit ein Grund dafür ist, dass auch sämtliche Emissionen der Lieferkette - also Rohstoffe, Sekundärrohstoffe, Produktion, Transporte, deren Lieferketten, … - mit in die Berechungen einfließen müssen. Bislang gibt es hierfür deshalb noch kein international akkordiertes Modell, viele Organisationen haben über die Jahre ihr eigenes zumeist sehr kostspieliges Verfahren entwickelt. Auch wenn deshalb oft Äpfel mit Birnen verglichen werden, unterm Strich sind die Ergebnisse einander dann doch wieder ähnlich. Die ermittelten schlimmsten Verursacher da sind die schlimmsten Verursacher dort. Es sind im Grunde genommen also alle sinnvoll, wenn sie mit fundierten wissenschaftlichen Daten arbeiten. Das gilt auch für die Landwirtschaft im Allgemeinen und den Weinbau im Speziellen. Im Rahmen der Workshop-Reihe Carbon Mangement in the Wine Business der Porto Protocol Foundation wurde kürzlich ein für alle zugängliches Tool vorgestellt, das noch dazu für britische Farmer kostenlos ist und sich mit anderen Verfahren in der Weiterentwicklung abstimmt.

Der Carbon Farm Calculator wurde von Landwirten für Landwirte in Cornwall entwickelt und vom EFRE-Wachstumsprogramms für die europäischen Struktur- und Investitionsfonds 2014-2020 gefördert. Seit 2009 arbeitet das CFC-Team daran, das Verständnis für Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft zu verbessern. Es stellt Instrumente und Dienstleistungen zur Messung der Auswirkungen bereit und führen Projekte mit Landwirten durch, die zum Handeln vor Ort anregen. Denn nicht nur ums Messen geht es den Leuten, sie haben auch eine Vision: eine Landwirtschaft, die ihre CO2-Emissionen minimiert und CO2-Bindung maximiert, während sie gleichzeitig hochwertige Lebensmittel und eine breite Palette öffentlicher Güter produziert. Das alles in widerstandsfähigen und rentablen landwirtschaftlichen Betrieben. Ihr Ziel ist eine regenerative landwirtschaftliche Zukunft. Was den CFC neben der fundierten Basis und langjährigen Erfahrung noch besonders macht?

Vertrauenswerte in die eigenen Daten. Die Leute haben für maximale Transparenz Vertrauenswerte geschaffen. Auf einer Skala von 1 bis 3 wird definiert, wieviel Vertrauen sie in die jeweils ermittelten Zahlen haben. (Dies natürlich immer auf der Basis, dass jeder Emissions-/Sequestrierungsfaktor wissenschaftlich fundiert ist.) Das liegt daran, dass einige Posten von Natur aus zuverlässiger und verständlicher sind als andere. Bei Diesel oder Strom zum Beispiel kann man sich auf sie verlassen: Man weiß, wie viel man verbraucht hat, und daher ist die Berechnung der Emissionen recht mathematisch. Im Gegensatz dazu sind Emissionen aus Kompost oder der Sequestrierung in Hecken viel schwieriger zu bestimmen, da es sich um biologische Prozesse handelt, bei denen es eine Vielzahl von Variablen gibt.

Gratis! Der Kohlenstoffrechner steht allen britischen Landwirten kostenlos zu Verfügung; unter der Bedingung, dass sie ihn nicht für direkt gewinnbringende Zwecke nutzen. Sehr gescheit! So darf man hoffen, dass sich so immer mehr Landwirte und Landwirtinnen dafür gewinnen lassen, ihre Emissionen zu berechnen und zu reduzieren.

Die Website des Carbon Farm Calculator ist übersichtlich und sehr informativ. In einem 17-minütigen Erklärvideo wird gezeigt, wie der Calculator funktioniert. Es wäre mehr als wünschenswert, wenn es zu Kooperationen mit anderen Stellen (z.B. von nationalen Weinbauverbänden) käme. Damit diese gleichziehen und nicht das Rad aufwendig und kostenintensiv neu erfinden müssen. Und damit auch ihre Daten und Gelder in die Weiterentwicklung eines funktionierenden bereits bewährten Systems fließen. Im Sinne von SDG17: Partnership for the Goals.

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